Sonderkommandos gegen Holzmafia

Brasilien greift durch

Sonderkommandos gegen Holzmafia
Sonderkommandos gegen Holzmafia greifen durch Foto: IBAMA

Spezialeinheiten der brasilianischen Umweltbehörde kennen kein Pardon mehr. Schwer bewaffnet wie im Krieg kämpfen sie gegen Holzfäller und deren Hintermänner. Mit Methoden am Rande der Legalität. Doch wie erfolgreich ist die neue Strategie der Sonderkommandos gegen die Holzmafia?

Das IBAMA, auf deutsch Brasilianisches Institut für Umwelt und erneuerbare natürliche Ressourcen, ist das brasilianische Bundes-Umweltamt. Demzufolge sind seine Aufgaben äußerst Konflikt trächtig. Denn den Regenwald und vor allem die Indianergebiete vor organisierten Kriminellen zu schützen, ist ein extrem schwieriges Unterfangen.

Einerseits sind mächtige Interessen der Agro- und Holzwirtschaft betroffen. Dabei entstehen Konflikte, die zum Teil mit Waffengewalt ausgetragen werden. Andererseits hat das Amazonasbecken gigantische Ausmaße und ist von dichtem Dschungel bewachsen. Das heißt, eine alles erfassende Kontrolle ist äußerst schwierig.

Motorsägen kreischen wieder öfters

Die Abholzung des Regenwalds war in den Jahren 2003 bis 2013 in Brasilien um 70 % zurück gegangen. Doch seither fallen wieder mehr Bäume den Motorsägen zum Opfer. Nach Angaben des Nationalen Raumforschungsinstitut (INPE) wurden 2015, wie in der New York Times zitiert, ein Viertel mehr Tropenbäume gefällt wie zwei Jahre zuvor.

Gegenwärtig verliert Brasilien pro Jahr 6.200 km² Urwald. Nach Auskunft des IBAMA werden 90 % aller gefällten Tropenbäume illegal gefällt. Die gerodeten Flächen nutzen zu über 70 % Rinderzüchter als Weiden für das Vieh.

Holzfällerbanden agieren im Schutz der Baumriesen

Brasilien hat sich zum Ziel gesetzt, die Abholzung des Regenwalds bis zum Jahr 2030 vollständig zu stoppen. Um dem Ziel näher zu kommen, verfolgt das IBAMA jetzt eine neue Strategie gegen die organisierte Holzmafia.

Die Holzfäller nämlich dringen immer weiter in den Urwald vor. Dort agieren sie im Verborgenen, haben versteckte Lager, Sägewerke und Transportwege im Dschungel. Um den organisierten Holzfällerbanden auf die Spur zu kommen, setzen die Brasilianer jetzt Satelliten, Hubschrauber und Spezialeinheiten ein.

Sonderkommandos gegen Holzmafia: zerstören statt beschlagnahmen

Sondereinsatzkommandos, SEK, greifen jetzt hart gegen die Holzmafia durch. Besonders dann, wenn Indianerreservate oder Naturschutzgebiete missachtet werden. Rechtsstaatlich betrachtet agieren die SEK mit ihren neuen Methoden am Rande der Legalität. Doch im Dschungel herrschen andere Gesetze. Denn die Umweltverbrecher sind bewaffnet. Diese Männer haben keine Hemmungen, ihre Waffen einzusetzen.

Spannend wie ein Tatort. SPIEGEL TV war vor Ort im Dschungel.  Steffen Haug von SPIEGEL TV (5.12.2015 im Netz veröffentlicht) begleitete mit einem Kameramann eine Woche lang ein SEK der IBAMA bei seinen Einsätzen. Tief im dichten Urwald machen die Männer der Spezialeinheit Jagd auf illegale Holzfäller. Sie sehen sich als Kämpfer für das Weltklima und gegen die Zerstörung des Urwalds. Dabei agieren sie Hand in Hand mit den Indianern in den geschützten Gebieten.

Die Männer der Sonderkommandos lassen sich von Hubschraubern in verdächtigen Dschungelgebieten absetzen. Schwer bewaffnet und mit Schußwesten gesichert nähern sie sich möglichst unbemerkt den versteckt agierenden Holzfällern. Dann der Zugriff.

Das Kommando hat die Befugnis alles restlos zu zerstören: Bagger, LKW oder Sägen. Ganze Sägewerke fackeln sie einfach ab. So gehen illegale Holzunternehmen jetzt in Rauch auf. Bisher durften die Kommandos die Gerätschaften nur beschlagnahmen. Doch das hat sich als nicht sehr effektiv erwiesen.

Satellitenbilder offenbaren Umweltverbrechen

Vier Satelliten überwachen jetzt das Amazonasbecken und liefern Bilder. Darauf erkennen die Spezialisten der IBAMA jetzt, an welchen Stellen Holzfäller am Werk waren. Die Satellitenbilder zeigten in 2015 mehr als 100.000 Stellen im Regenwald, wo Menschen illegal Bäume gefällt haben.

Mit Hubschraubern überfliegen die Kommandos die verdächtigen Gebiete. Aus der Luft sind dann die Wege oder Straßen zu erkennen, die illegal in den Wald geschlagen wurden, um das Tropenholz abzutransportieren. Oder die Spezialeinheit im Hubschrauber erspäht Lastwagen, Bagger oder die Lager der Holzfäller.

In 2015 hat das IBAMA 4.000 Holzfäller und deren Hintermänner verhaftet, wie die New York Times berichtet. Zudem führt das IBAMA seit 2008 eine öffentliche Liste der Geschäftsleute, die im illegalen Holzhandel mitmischen. Die Blacklist führt mittlerweile 50.000 Namen auf. Die Geschäftsleute auf der Liste müssen mit Geldstrafen rechnen und verlieren Zugang zu Bankkrediten. Die Gesetze verwehren ihnen außerdem Land zu kaufen.

Im Dschungelkrieg mit den organisierten Umweltverbrechern

Doch die organisierten Verbrecherbanden stellen sich immer besser auf die Überwachung aus der Luft ein und arbeiten noch stärker getarnt. Sie roden nur noch kleine Flächen, damit niemand diese auf den Satellitenbildern erkennen kann. Der Urwald ist riesig und die Aufgabe des IBAMA ist genauso groß.

Tasso Azevedo, Geschäftsführer der Umweltgruppe MapBiomas, fordert einen verstärkten Einsatz von den brasilianischen Umweltbehörden. Die Behörden müssten ihre Maßnahmen weiter verbessern, um der Holzmafia ihr zerstörerisches Handwerk zu legen.

Zudem stehen die Maßnahmen der IBAMA oft im Gegensatz zu den Interessen multinationaler und nationaler Konzerne. Wer bei dem brasilianischen Institut arbeitet, steht oft im Kreuzfeuer der Kritik. Die Holzmafia schreckt auch vor Morddrohungen nicht zurück. Man kann wohl sagen, das IBAMA befindet sich im Dschungelkrieg mit der organisierten Kriminalität. Es muss sich zeigen, ob die Sonderkommandos gegen die Holzmafia nachhaltigen Erfolg haben werden.

Quellen:

  • Wikimedia: IBAMA (01.10.2016)
  • The New York Times online: Inside Brazil´s Battle to Save the Amazon with Satellites and Strike Forces (28.Sept. 2016)
  • Thomson Reuters Foundation, Interview by Chris Arsenault, 29. April 2016
  • Webseite des IBAMA

 

Weiter auf AMAZONAS.de oder im Web:



 

Über Bernd Kulow 168 Artikel
Als Journalist gestalte ich diese Webseite. Seit 2 Jahren bin ich freischaffender Filmemacher unter dem Namen MANGO-Film (www.mango-film.de). Gearbeitet habe ich für dpa, DIE ZEIT, stern, Frankfurter Rundschau, Hörfunk und Fernsehen. Der Regenwald hat mich von klein auf fasziniert. Mehrfach war ich in Mittel- und Südamerika unterwegs. Dabei hat mich vor allem der Amazonas Dschungel beeindruckt.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*