Piranhas zum Frühstück

Abenteuer Buch voller Überraschungen

Piranhas zum Frühstück

John Harrison paddelt entlang einsamer Flüsse im dichten Amazons Dschungel. „Piranhas zum Frühstück“ – ein spannend geschriebenes Buch voller Überraschungen. Abenteuer pur.

Mit seinem Reisepartner Mark kommt John in die seltsamsten Situationen. Die beiden Abenteurer werden von einem Zitteraal unter Strom gesetzt, sind auf der Hut vor Piranhas oder genießen Piranhas zum Frühstück. Oder sie begegnen einem Puma oder werden von Malaria heimgesucht. Man fragt sich: Warum setzen sie sich diesen Strapazen aus?

Der Flug geht nach Manaus, der zentralen Stadt im brasilianischen Amazonien, von dort mit einem Schiff nach Santarém und dann im Kanu den Jari hinauf, monatelang an unzähligen Stromschnellen vorbei. Dabei muss das Boot jedesmal geschultert und vorher ein Weg durch den Dschungel geschlagen werden.

Malariaanfälle: frierend in der Sonne

Zur Plage werden die Moskitos, und die Malaria lässt nicht lange auf sich warten.

„Ich lag frierend in der Sonne. Es war der schlimmste Anfall, den ich auf der Reise hatte. Meine Zähne klapperten, mein Körper zitterte, und ich bekam Halluzinationen, Alpdrücken und Paranoia.“

Die Malariaanfälle kommen und gehen. Abwechselnd werden die beiden mit hohem Fieber in die Hängematte geworfen. Doch wie der Autor darüber berichtet, das erinnert eher an eine stärkere Erkältung, die einen halt mal erwischt. Verändern sich die Bewertungen nach monatelangem Paddeln in der Wildnis? Gewöhnt man sich an einen Malariaanfall wie an eine Grippe?

Wohl doch nicht so ganz. Denn als auch noch die Vorräte knapp werden, und das Kanu Ermüdungserscheinungen zeigt, ist für Mark der Punkt erreicht umzukehren. Doch John Harrison will nicht aufgeben, er paddelt zurück, findet einen neuen Partner und beginnt quasi von vorn.

Elektrischer Schlag vom Zitteraal

Im zugewachsenen Fluss muss für das Kanu ein Weg mit der Machete frei geschlagen werden. Peter, der neue Reisebegleiter steht bis zur Brust im Wasser. Plötzlich schreit er: „Strom! Elektrischer Strom!“ Schreckensbleich lehnt er sich schlotternd an das Kanu. Er hat einen Schlag von einem Zitteraal bekommen, eine Kuriosität vom Amazonas. Zitteraale können einen Schlag bis zu 550 Volt erzeugen, mehr als genug, um einen Mann zu betäuben. Ein Zitteraal kann über 2 Meter lang werden. Sein Kopf ist der Pluspol und der Schwanz der Minuspol. Doch beide müssen das Opfer berühren, damit sich der Strom entladen kann.

Doch trotz aller Widrigkeiten freuen sich die Abenteuer Paddler an der Natur, der Flora und Fauna. Schließlich fahren sie auf einem der schönsten Flüsse der Welt.

„Wir sahen wunderschöne, schillernde Schmetterlinge, so groß wie eine Hand. Wenn sie von einem Sonnenstrahl getroffen wurden, leuchteten sie wie ein türkisfarbener Blitz auf.“

Dafür sind sie dankbar. Und andererseits stolz darauf, dass sie es allein und aus eigener Kraft vollbracht haben, einen der abgelegensten Flüsse der Welt hinauf zu paddeln. Hierin scheint das Motiv für ihre Abenteuerlust zu liegen.



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Der Dschungel: Als würde man eine Kathedrale betreten

„Der Dschungel war oft dicht und undurchdringlich. Aber dann wieder licht wie ein Buchenwald – und dann war es als würde man eine Kathedrale betreten“, schreibt John Harrison. Auf dem Boden des Dschungels wimmelt es von Insekten. Ganze Armeen von Blattschneiderameisen schleppen Teile von Blättern, die viermal so groß sind wie die Ameisen selbst.

Der Dschungel pfeift und summt, zischt und kreischt. „Ich erkannte das heisere Rufen der Aras, die immer paarweise flogen, um ihre krächzende Unterhaltung weiterführen zu können“, erinnert sich der Autor.

Meist bleibt es für die beiden unklar, wer all die Geräusche verursacht. Nachts können die geheimnisvollen Laute ihnen schon mal Angst einflößen.

Buschmeister: bemerkenswerte Menge Gift

Doch die größte Angst haben beide vor der Buschmeisterschlange. Denn sie wird bis zu vier Meter lang. Ihre Giftzähne sind obendrein drei Zentimeter groß.  Selbst Kleidung, die vor den meisten anderen Schlangen Schutz bieten kann, nützt hier nichts. Die Schlange sondert eine bemerkenswerte Menge Gift ab. Was sollen sie tun, wenn sie solch einer Schlange begegneten?

Ärzte hatten ihnen geraten im Falle eines Bisses die Wunde weder auszusaugen noch auszuschneiden. Doch einen nützlichen Rat hatten sie auch nicht, außer entspannen und den Trost, dass 60 Prozent aller Menschen, die von Schlangen gebissen werden, von selbst wieder genesen, weil die Schlange oft gar nicht das tödliche Menge Gift injizieren kann.

Sie kannten genug Geschichten über die Buschmeisterschlange. Jorge, ein brasilianischer Holzfäller, den sie weit draußen im Urwald getroffen hatten, ließ sie mit seiner Geschichte erschauern. Er hatte zwei Kilometer von seiner Hütte entfernt einen Baumstamm ergriffen. In dem Moment biss eine Surucucu, eine Buschmeisterschlange ihn in die Daumenwurzel.

Helden mit Kreissäge

„Ich wusste, dass ich fast keine Chance hatte“, erzählte Jorge. Deshalb beschloss er sich die Hand abzuschneiden. Denn er ging davon aus, dass er damit das meiste Gift loswerden würde. Zumal, wenn er sie in den ersten 30 Sekunden nach dem Biss abhacken würde.

„Also legte ich meine Hand auf einen Baumstamm, nahm die Machete in die linke Hand und schlug zu. Dann band ich mein Hemd oben um den Arm, um den Blutfluss zu unterbinden und machte mich auf den Heimweg. Doch die Schmerzen waren grauenvoll. Ich wusste, der Arm würde absterben. Ich musste etwas unternehmen. Also erhitzte ich ein Stück Metall über dem Feuer, bis es rotglühend war. Dann presste ich den Armstumpf darauf und ließ ihn brutzeln, bis die Wunde geschlossen war. Dann sprang ich ins Boot und erreichte nach Stunden ein Krankenhaus.“

Die beiden Reisenden bewundern den Mut dieses Brasilianers und sprechen nur mit Ehrfurcht von ihm. Doch Tage später treffen sie einen Kollegen von Jorge. Der bemerkt zu der Geschichte ganz gelassen: „Es gibt viele Männer, die solche Unfälle haben, wenn sie mit Kreissägen arbeiten.“

Stories, um besser dazustehen

Wie viele Holzfäller, denen eine Hand, ein Arm oder Bein fehlen, wohl solche Heldenstories erzählen, um in den Augen der anderen besser darzustehen?

Doch schließlich wäre John noch fast auf eine Buschmeister getreten. Sie war so getarnt im Laub, dass er sie erst im letzten Moment erblickte und Abstand halten konnte. So verläuft das Abenteuer am Ende glimpflich ab und beide finden den Weg zurück in die Zivilisation.

Obwohl die Reise bereits viele Jahre zurück liegt, hat der Bericht nichts von seiner Aktualität verloren. Denn die Bedingungen sind bis heute die gleichen geblieben. Das Buch „Piranhas zum Frühstück“ ist zudem spannend geschrieben und das, obwohl es auf über 240 Seiten nur eine Paddel-Tour auf einem Fluss beschreibt.

Quelle:

  • John Harrison: Piranhas zum Frühstück. Durch den Dschungel Amazoniens mit dem Kanu. Frederking & Thaler Verlag, München 2001
Über Bernd Kulow 168 Artikel
Als Journalist gestalte ich diese Webseite. Seit 2 Jahren bin ich freischaffender Filmemacher unter dem Namen MANGO-Film (www.mango-film.de). Gearbeitet habe ich für dpa, DIE ZEIT, stern, Frankfurter Rundschau, Hörfunk und Fernsehen. Der Regenwald hat mich von klein auf fasziniert. Mehrfach war ich in Mittel- und Südamerika unterwegs. Dabei hat mich vor allem der Amazonas Dschungel beeindruckt.

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