Allende: Stadt der wilden Götter

Überschreitung der realistischen Weltsicht

Isabel Allende: Stadt der wilden Götter
Foto: Lori Barra

Isabel Allende, die bekannteste Schriftstellerin Südamerikas, hat ihr erstes Jugendbuch geschrieben. Dazu bietet der Amazonas mit seinen indianischen Ureinwohnern den idealen Hintergrund.

Noch leben im Amazonas Regenwald die letzten, von der Zivilisation fast unberührten Menschen, voller Geheimnisse und Rätsel. Gewiss gibt es dort noch unentdeckte Tierarten. Ferner leben im tiefen Dschungel noch Amazonas-Völker, die noch keinen Kontakt zur Zivilisation hatten. Also eine Welt durchwebt von Mythen und Legenden. Isabel Allende: Stadt der wilden Götter handelt vor diesem Hintergrund.

Natur und Magie

Isabel Allende gehört zu den lateinamerikanischen Schriftstellern, deren Schreiben das Magische mit einbezieht. Entsprechend führt auch „Die Stadt der wilden Götter“ den Leser in eine Welt der Magie.

Mit der Überschreitung der realistischen Weltsicht zieht Allende den Leser in die magische Welt eines urtümlichen Indianervolks hinein. Reine Phantasiegebilde? Wenn es denn Verborgenes, Unentdecktes im Amazonas-Urwald gibt, wer will beurteilen, wie es sich darstellt? Demgemäß folgt der Leser wie hypnotisiert von Düften, Farben und Geräuschen des Dschungels dem 15-jährigen Alex. Der entführt den Leser auf dem Urstrom in eine Welt der Götter und Zauberer. Unsichtbare Indianer überraschen den Leser und verborgene Welten versetzen ihn ins Staunen.

Die intakte Welt des 15-jährigen Alex war zerbrochen, als seine Mutter schwer erkrankte. Der bislang behütet aufgewachsene kalifornische Junge muss nun allein zu seiner abweisend-kühlen Großmutter. Die aber entpuppt sich als interessante Reiseschriftstellerin und nimmt ihn auf eine Expedition in den abgelegenen Dschungel Amazoniens mit.

Reise ins Innere

Die Expedition hat ein Ziel: Wie weit trifft das Gerücht zu, nach dem ein riesiges, menschenähnliches Biest im Urwald existiert. Dieses Biest soll Menschen und Tiere grausam töten. Offensichtlich ist dies an Anspielung auf das Riesenfaultier, welches vor 10.000 Jahren im Amazonas gelebt hat. Es gibt Hinweise, dass möglicherweise einige dieser riesigen Tiere überlebt haben. Sie könnten in entlegensten Dschungel Regionen leben.

Mehr zu den Faultieren:

Mit auf der Expedition ist ein verstörter, aber angeblich weltberühmter Ethnologe. Der ist von der Grausamkeit aller Amazonas-Völker überzeugt. Auf der Abenteuerfahrt trifft Alex auf Nadia, die im Dschungel aufgewachsen ist. Die 12jährige hat Einsichten vorzuweisen, die sie nur im Kontakt mit den Indios erwerben konnte. Doch bald entdecken Alex und Nadia einen diabolischen Plan, der die Indianer vernichten soll. Alex und Nadia müssen lebensgefährliche Prüfungen durchstehen, um die „Nebelmenschen“ zu retten.

Längst vergessene Jugend

„Es geht um eine Reise in das Innere. Um die Reise eines Jungen und eines Mädchens, die unter dem Druck der Umstände ihre Kindheit hinter sich lassen“. Dies sagte die chilenische Schriftstellerin in einem Interview der Süddeutschen Zeitung. Erwachsene werden darin vielleicht etwas aus ihrer längst vergessenen Jugend wieder finden. Die Fähigkeit, sich überraschen zu lassen, Neugier auf die Welt, Toleranz, so die Autorin. Kinder werden ein Buch über Magie und Natur lesen.

Auf jeden Fall ein spannendes Buch mit Einsichten in die exotische Welt des Amazonas. Im Roman sind gut und böse klar von einander geschieden. Allerdings führt dies an manchen Stellen zur Idealisierung der Welt der Indianer. Andererseits, wer weiß wirklich, wie einzelne Amazonas-Völker, die noch im tiefsten Dschungel wie vor Jahrtausenden leben, die Welt wahrnehmen? Dennoch vermisst man ab und an tiefere Einsichten. Wer das Buch als Erwachsener liest, wird aber viel über die Umwelt und Natur Amazoniens erfahren. Dazu bekommt man Einblicke in die gesellschaftlichen und politischen Realitäten dieser Region Brasiliens.

Quellen:

  • Isabelle Allende: Die Stadt der wilden Götter, Frankfurt 2002. Originalausgabe: La Ciudad de las Bestias
  • Webseite: Isabel Allende
Über Bernd Kulow 168 Artikel
Als Journalist gestalte ich diese Webseite. Seit 2 Jahren bin ich freischaffender Filmemacher unter dem Namen MANGO-Film (www.mango-film.de). Gearbeitet habe ich für dpa, DIE ZEIT, stern, Frankfurter Rundschau, Hörfunk und Fernsehen. Der Regenwald hat mich von klein auf fasziniert. Mehrfach war ich in Mittel- und Südamerika unterwegs. Dabei hat mich vor allem der Amazonas Dschungel beeindruckt.

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